Möglichkeiten der methodisch-didaktischen
Umsetzung naturwissenschaftlicher und technischer Themen
Auf die Bedeutung an der Vermittlung über technische und
naturwissenschaftliche Phänomene im frühen Kindesalter weisen Arthur Fischer,
Dr. Wolfgang Einsiedler, Dr. Gisela Lück, Dr. Gabriele König und Dr. Ulrich
Kramer in einem Gespräch mit Donata Elschenbroich hin.
Arthur
Fischer, Fischer-Werke (fischer-technik), unterstützt in seinem
Ruhestand junge Erfinderclubs und veranstaltet Tüftlerwettbewerbe für Kinder
und Jugendliche. Er hat sich zur Aufgabe gemacht, neue Ideen in die Welt der
Kinder zu tragen.
Im Gepräch mit Donata Elschenbroich sagt er, dass jedes Kind
voller Ideen steckt, die nach ein paar Schuljahren verblassen, weil man die
Kinder in ein Korsett presst, das ihnen überhaupt nicht liegt. Für ihn sollte
der Umgang mit technischen Materialien früh angeregt werden. In diesem
Zusammmenhang weist er auf ein neu entdecktes Material aus Maisgrieß hin, aus
dem man Bausteine herstellen kann, die sich kleben und schneiden lassen und so
einen einfachen, kreativen Umgang besonders für jüngere Kinder ermöglichen. Er
möchte mit dem Material, das Fischer-Tip heißt, eine neue Bewegung schaffen,
in der wieder Kreativität in Schwung kommen soll.
Wolfgang
Einsiedler, Grundschuldidaktiker am Institut für Grundschuldidaktik
der Universität Erlangen hat beobachtet, dass die Jahre vor der Grundschule im
sachkundlichen Bereich nicht ernst genommen werden. Er erläutert u.a., wie man
die naiven Konzepte, die Kinder über naturwissenschaftliche Phänomene haben,
ausbilden, verstehen und vertiefen kann. Weiterhin macht er deutlich, dass
frühe Sacherfahrungen der Identitätsbildung der Kinder dienen. In diesem
Zusammenhang ist es ihm wichtig, das Interesse der Kinder an sachkundlichen
Themenstellungen zu erhalten und zu fördern. Dabei sollte bei der Vermittlung
das Gewicht nicht nur auf konkret anschauliche Bilder gelegt werden, sondern
der Schritt zum Abstrahieren vorgenommen werden. Er weist darauf hin, dass
schon im Kindergarten Reflexions- und Symbolisierungsprozesse angeregt werden
sollten.
Gisela
Lück macht im Gespräch mit Donata Elschenbroich deutlich, dass
die Bedeutung der Naturwissenschaften, vor allem der Fächer Physik und Chemie,
seit den 60er Jahren in der schulischen Vermittlung zurückgegangen ist,
gesamtgesellschaftlich die Naturwissenschaften aber immer wichtiger geworden
sind. Im weiteren Verlauf des Gespräches erläutert sie die Bedeutung der
Vermittlung aus den Phänomenen der unbelebten Natur im Vorschulalter
(ausführliche Hinweise zur methodisch-didaktischen Umsetzung erfolgen weiter
unten)
Gabriele
König, stellvertrende Leiterin der Akademie Fulda erläutert die
Möglichkeiten der Vermittlung naturwissenschaftlich-technischer Zusammenhänge
in der Akademie Fulda: Die Akademie Fulda bietet eine Fülle von Kursen und
Projekten an, in denen Kinder sich praktisch und nahe an der Realität ihr
Wissen erarbeiten könnnen. In den Kursen und Projekten arbeiten Kinder mit
Künstlern, Wissenschaftlern und Handwerkern zusammen. Die entstandenen Arbeiten
gehen in die dauernde Ausstellung des Hauses ein. G. König macht deutlich, dass
die Zusammmenarbeit mit Fachleuten und Spezialisten bei den Kindern eine
besondere Faszination auslöst und dem Basteln und Forschen einen besonderen
Ernst verleiht. Durch die Präsentation aller Arbeiten der Workshops im Museum
der Akademie wird beim Kind Achtung und Wertschätzung vor der eigenen Arbeit
erzeugt.
Ulrich
Kramer, Gründer der ersten Computerschulen für Kinder
(profikids) in Deutschland macht deutlich, dass gerade für Kinder der Umgang
mit dem Computer wichtig ist, da sie an der Arbeit mit dem Computer nicht
vorbeikommmen werden. In diesem Zusammenhang weist er darauf hin, dass die
frühe Auseinandersetzung mit dem Computer etwas Selbstverständliches für die
Kinder wird.
In seinen Kursen für kleine Kinder bietet er viel
Abwechslung an, z.B. den Umgang mit Computerspielen, in denen Kinder Farben und
Formen sortieren, Puzzles zusammen legen, kleine logische Reihen aufbauen,
erste Buchstaben und Zahlen kennen lernen. Er bietet für die Altersstufe aber
auch entsprechende Datenbanken und Wissensprogramme an.
Aus den Gesprächen mit Donata Elschenbroich wird deutlich,
dass ein frühes Umgehen mit technischen und naturwissenschaftlichen Themen
bedeutsam für die weitere Entwicklung der Kinder ist. Sucht man in der
Literatur nach Möglichkeiten der systematischen Umsetzung solcher Themen für
Kinder im Vorschulalter, stößt man auf eine Vielzahl von Büchern, die
zahlreiche interessante Experimente beinhalten. Hinweise auf systematische
Untersuchungen und Möglichkeiten einer methodisch-didaktischen Umsetzung in der
sozialpädagogischen Praxis sind nur wenig zu finden.
Gisela
Lück hat sich umfangreich mit der Vermittlung von
Naturwissenschaften im frühen Kindesalter und im Kindergarten auseinandergesetzt.
Darstellung der Experimentierreihe
Naturwissenschaften im frühen Kindesalter:
Begründung für die Auswahl der Inhalte:
Gisela Lück setzt die Schwerpunktbildung auf Experimente der
unbelebten Natur, da aus ihrer Sicht den Themen aus der belebten Natur im
frühen Kindesalter eine ungleich größere Bedeutung geschenkt wird. In diesem
Zusammmenhang weist sie darauf hin, dass die Lehrpläne für den
naturwissenschaftlichen Unterricht und den naturwissenschaftlichen Einführungsunterricht,
aber auch die Ausbildungsinhalte der Fachschule für Sozialpädagogik sich in den
naturwissenschaftlichen Fächern größtenteils auf biologische Themen beziehen.
Sie stellt u.a. folgende Gründe für die Auswahl der Experimente der unbelebten Natur
heraus:
Ø Experimente
zur unbelebten Natur stehen das ganze Jahr zur Verfügung, dadurch bietet sich
die Gelegenheit, ein Experiment zu wiederholen, zu variieren und
Naturgesetzlichkeiten im Kleinen zu rekonstruieren.
Ø Der
Vorteil Themen der unbelebten Natur mit Kindern zu besprechen, liegt in der
einfachen Deutung vieler Phänomene.
Ø Phänomene
der unbelebten Natur sind an vielen biologischen Prozessen beteiligt.
Ø Physikalisch-chemische
Fragestellungen kommmen im Sachunterricht der Grundschule, aber auch an den
weiterführenden Schulen zu kurz.
Ø In
Untersuchungen zeichnet sich ab, dass schon im frühen Kindesalter ein breites
Spektrum an intuitivem naturwissenschaftlichem Wissen vorliegt, an dem
angeknüpft werden kann.
Rahmenbedingungen
für die Durchführung von naturwissenschaftlichen Experimenten in Kindertageseinrichtungen
Ø Sichere
Versuchsdurchführung
Die Auswahl der eingesetzten
Materialien und der apparative Aufbau der Experimente bei Experimenten für
Kinder im Vorschulalter müssen nach Sicherheitskriterien getroffen werden. Es
sollten keine, über die alltäglichen Gefahren hinausgehenden gesundheitlichen
Risiken in Kauf genommmen werden. Die Reihe ist so konzipiert, dass
ausschließlich im Haushalt verwendete Materialien zum Einsatz kommmen.
Ø Einsatz
preiswerter und leicht erhältlicher Materialien
Für die Versuche sollen im
wesentlichen Materialien Verwendung finden, die ohnehin in den
Kindergarteneinrichtungen Verwendung finden, um die finanzielle Belastung
möglichst gering zu halten und einen schnellen Zugang zu den Materialien zu
ermöglichen. Die Versuche können deshalb auch von den Kindern zu Hause
wiederholt werden.
Ø Zuverlässiges
Gelingen der Experimente
Für Kinder im Kindergartenalter
ist das zuverlässige Gelingen der Experimente unbedingt wichtig, da u.a. im
Falle des Ausbleibens des geplanten Ausgangs der Experimente auf kein
naturwissenschaftliches Vorwissen zurückgegriffen und mit dessen Hilfe der
unerwartete Ausgang nicht diskutiert werden kann.
Ø Vermittlung
einer basalen naturwissenschaftlichen Deutung
Das Experiment sollte einer
einfachen naturwissenschaftlichen Deutung zugänglich sein, um so neben den
Symbolisierungen eine rational-naturwissenschaftliche
Interpretationsalternative anzubieten.
Ø Experimentelle
Durchführbarkeit für Kinder im Vorschulalter
Bei der Durchführung ist das
eigenständige Experimentieren der Kinder wichtig, um eine Förderung der
Selbsttätigkeit und Autonomie zu erreichen. Weiterhin müssen bei der Auswahl
der Experimente altersbedingte Voraussetzungen, wie die noch mangelnde
Fähigkeit zur Feindosierung von Flüssigkeiten, berücksichtigt werden.
Ø Alltagsbezug
Der Alltagsbezug bietet sich bei
der Auswahl der Experimente an, da die Eindruckstiefe im Falle der
Wiedererkennnung oder Wiederholung des Experiments im Haushalt eine größere
Verstärkung erfahren.
Ø Versuchsdauer
von 20 Minuten
Bei einer Gruppenarbeit ist von
einer durchschnittlichen Konzentrationsfähiggkeit von 20 Minuten auszugehen.
Ø Systematischer
Aufbau der Experimente
Der systematische Aufbau der
Experimente soll einen positiven Einfluss auf die Eindruckstiefe bewirken.
Auswahlkriterien
für den Aufbau der Experimentierreihe
Als wesentliches Auswahlkriterium für die Experimente dient
das intuitive, basale Wissenskonzept der Kinder. Weitere Auswahlkriterien sind
die o.g. Rahmenbedingungen.
Methodische Prinzipien für die Durchführung der
Experimentierreihe
Ø
Für die Aufmerksamkeit der Kinder ist es wichtig, die
Versuchsanordnung auf einen klar erkennbaren Raum zu platzieren.
Ø
Die einzelnen Materialien sollen sorgfältig angeboten
werden und sauber sein.
Ø
Eine Rahmenhandlung zu den Experimenten z.B. in Form einer
Geschichte steigert das Interesse der Kinder.
Ø
Kindern sollen nicht zu viele theoretische Erklärungen
gegeben werden, wichtig ist die Erfahrung des Experimentierens: Wenn ich das
tue, dann passiert das!
Ø
Die Experimente sollten möglichst einmal wöchentlich
durchgeführt werden.
Ergebnisse
Gisela Lück hat ihre Experimente in Kindergärten, die in
völlig unterschiedlichen Einzugsbereichen liegen, durchgeführt. Über einen
längeren Zeitraum von rund sieben Wochen nahmen 70-80 Prozent der Kinder
freiwillig an den Experimenten teil. Die Erinnerungsfähigkeit der Kinder war
überraschend hoch. Nach etwa drei bis sechs Monaten konnten rund 30% der
Experimente ohne jede Hilfestellung rekonstruiert werden, weitere 20% kamen mit
geringer Unterstützung wieder ins Gedächtnis. Empirische Untersuchungen machen
deutlich, dass Kinder, die als verhaltensauffällig oder unkonzentriert
galten, und auch Kinder mit Behinderungen mit besonders großem Interesse an der
Experimntierreihe teilgenommen haben.
Weitere Hinweise zur methodisch-didaktischen Umsetzung
physikalischer Experimente sind bei Mireille Hibon und Elisabeth Niggemeyer
zu finden. Mireille
Hibon erforscht in der ecole maternelle seit 20 Jahren mit 5-6 jährigen Kindern
die Geheimnisse der Physik. Anfangs begann sie mit einfachen Experimenten,
die bei den Kindern großes Interesse auslösten. Die große Offenheit der Kinder,
ihr ursprüngliches intensives Fragen nach den Phänomenen des Lebens ermutigten
sie weiter zu machen. In dem von Elisabeth Niggemeyer übersetzten Buch
Spielzeug Physik weist sie kurz auf methodisch-didaktische Prinzipien hin.
Aufbau der Experimente
M. Hibbon stellt zwei Möglichkeiten, Kindern Experimente anzubieten,
dar:
Ø
Demonstration des Versuches durch die Erzieherin
Während die Erzieherin den
Kindern den Versuch zeigt, können die Kinder beobachten und entsprechende
Fragen stellen. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, den Kindern keine
vorschnellen Antworten zu geben, sondern ihnen durch anregende Fragestellungen
Denkanstöße zu geben und ihnen eigene Entdeckungen zu ermöglichen.
Im Anschluss an das Experiment
sollen die Kinder das Gesehene zeichnen, danach werden die Bilder diskutiert
und die Kinder können selbst experimentieren.
Ø
Den Kindern werden ausgewählte Materialien zum Spielen
gegeben
Die Kinder haben zunächst die
Möglichkeit mit ausgewähltem Material zu spielen und zu experimentieren. Die
auftauchenden Fragen und Feststellungen der Kinder werden von der Erzieherin
aufgegriffen, um nach gemeinsamen Lösungen zu forschen.
Im Anschuluss werden die Kinder
wieder aufgefordert, ihre Entdeckungen zu malen und zu kommentieren.
Für jedes Kind wird ein Ordner
mit den entstandenen Zeichnungen angelegt.
Experimentiermaterial
Für die Experimente werden alltägliche Gegenstände wie z.B.
Aquarien, Kerzen, Kompasse, Luftballons, Lupen, Schrauben, Altmaterial von
Brillen etc.. zur freien Verfügung gestellt
Methodisch-didaktische Umsatzmöglichkeiten für den Umgang
mit Medien sind bei Thomas Denning zu finden
Thomas Denning unterscheidet zwischen themengebundenen und
offenen Medienprojekten.
Folgende Tabelle gibt einen Überblick wichtiger Prinzipien
in der Umsetzung.
themengebundene
Medienprojekt
|
offene
Medienprojekte
|
Mehrere
Einzelbeschäftigungen werden aneinander gereiht
|
Ausgangspunkt
|
Aus einem Impuls
entwickelt sich ein Lernprozess, dessen Verlauf und Ergebnis vorab nicht
eindeutig feststeht
|
Orientierung an den
Zielen, die Erzieherinnnen für die Kinder auswählen
|
Inhalte
|
Orientierung an den
Bedürfnissen, die Kinder äußern
|
Erwachsenenentscheidungen
stehen im Vordergrund
|
Entscheidungen
|
Kinder- und
Erwachsenenentscheidungen sind gleichwertig
|
Organisierter und
vorgeplanter Lernprozess
|
Lernprozess
|
Offener Lernprozess
|
Kinder werden zu
ausgewählten Lerninhalten geführt
|
Lernergebnisse
|
Kinder erarbeiten
gemeinsam mit der Erzieherin verschiedene gleichwertige Lerninhalte
|
Motivation liegt bei der
Erzieherin
|
Lernmotivation
|
Motivation liegt bei
der Gruppe
|
Erzieherin lenkt den
Lernprozess
|
Rolle
der Erzieherin
|
Erzieherin begleitet den
Lernprozess
|
Thomas Denning erläutert die Prinzipien ausführlich und
stellt ein Beispiel eines Medienprojekts dar.
Die Möglichkeiten des Einsatzes von Computern in
Kindergarten und Hort werden im Projektbericht der Fachschule für
Sozialpädagogik Lüdinghausen vorgestellt.
In dem Projekt der Fachschule für Sozialpädagogik in
Lüdinghausen sind in Zusammenarbeit mit drei sozialpädagogischen Einrichtungen
die Einsatzmöglichkeiten von Computern in Kindergarten und Hort erprobt worden.
Die am Projekt beteiligten Einrichtungen erprobten während
der praktischen Phase verschiedene Möglichkeiten des PC-Einsatzes:
Ø
AWO Kita, Dülmen: Nutzung des Computers während des
Freispiels, Einbindung des PCs in ein Projekt
Ø
St. Benedikt Kindergarten, Herbern: Förderung einzelner
Kinder durch die Arbeit am PC, Bildung einer Computer-AG
Ø
Kinderhaus am Luchtbach, Dülmen (Hort): Nutzung des
Computers als Lernhilfe und Freizeitgestaltung, Erstellen einer Hortzeitung
Die Rahmenbedingungen der einzelnen Einrichtungen und die
Projektergebnisse sind im Projektbericht dargestellt und erläutert.
Eine wesentliche Aufgabe des Projektes Technische
Früherziehung ist, auf der Grundlage der oben beschriebenen Möglichkeiten der
methodische-didaktischen Umsetzung von Themen im naturwissenschaftlichen und
technischen Bereich weitere konkrete Konzepte für die Umsetzung zu erarbeiten.